Mittwoch, 27. April 2016

Größte-Haufen-Scheißer

Börsennotierte Unternehmen sind manchmal so gierig, daß sie für die Dividendenausschüttung ihre Existenz riskieren.
Im Kostensenkungswahn wird so viel „Humankapital freigesetzt“, daß Toll-collect Jahre in Verzug geriet, weil die Gründerfirmen Daimler und Telekom in den Jahren zuvor zum Entzücken ihrer Aktionäre Myriaden Techniker und Ingenieure gefeuert hatten.
Auf seinen Lorbeeren ausruhen, die Gewinne verprassen und keinen Gedanken an Morgen zu verschwenden, ist aber offenbar kein besonders taugliches Wirtschaftskonzept.

Es gibt ausführliche Studien, die zu dem frappierenden Schluß kommen, daß kleinere Familienunternehmen innovativer und gesünder sind als Aktiengesellschaften.
Erstaunlich, daß es dafür den geballten Sachverstand studierter Ökonomen bedarf.
Kann sich das nicht auch Klein Fritzchen an fünf Fingern ausrechnen, daß es einer Firma besser bekommt, wenn nicht laufend die Gewinne abgeschöpft und an Aktionärsparasiten verteilt werden?
Wenn nicht kurzfristige Aktienkursausschläge Unternehmenspolitik sind, sondern der langfristige Erhalt der Firma? Wenn Gewinne in das Unternehmen investiert werden und damit Fachkräfte ausgebildet und eingestellt werden?

Nach den weltdreisten Abgas-Manipulationen bei Volkswagen sollte den Größtaktionären Porsche-Piech die Dividende auf 17 Millionen Euro gekürzt werden.
Der Groß-Clan, der auf etwa 20 Milliarden Euro Vermögen sitzt, konnte das aber nicht akzeptieren und setzte über den von ihm dominierten Aufsichtsrat durch, daß der angeschlagene Konzern 300 Millionen Euro an Porsche ausschüttet.

„Nur ein paar Millionen soll es dieses Jahr für uns geben, werden sie sich erbost gegenseitig zugerufen haben. Das geht so gar nicht! Es gilt doch Haus, Jacht und Pferd zu versorgen! Wir brauchen mehr Geld, noch mehr Geld!
[….] Der Porsche SE-Vorstand hatte am Freitag unter Leitung von Hans Dieter Pötsch vorgeschlagen in Anbetracht der hohen Millionenverluste bei VW nur eine Mini-Dividende von gut 20 Cent auszuschütten. Wolfsburg überweist in diesem Krisenjahr schließlich nur noch 17 Millionen Euro zu Porsche, nach 719 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Menschen von zurückhaltendem Charakter könnten angesichts diese Umstände vielleicht sagen: Lass uns doch auch auf die Mini-Dividende verzichten! Gürtel enger schnallen, das klappt schon, wir werden schon nicht verhungern.
Aber offensichtlich ist das nicht die Mehrheitsmeinung im Aufsichtsrat, der von den Familien dominiert wird, mit Wolfgang Porsche an der Spitze. [….] 308 Millionen Euro soll die PSE nun ausschütten. [….]

Wenn die finanzielle Gier die Großkonzerne regiert, bleiben Innovationen aus.
Sie trauen sich nicht mehr Weichen in die Zukunft zu stellen, die Shareholder-Value-Ideologie blockiert langfristiges und nachhaltiges Denken.
Nach uns die Sintflut.

Gerade die deutsche Automobilindustrie muß zu ihrem Glück gezwungen werden. Von allein werden die Karren immer nur größer, schwerer und stinkiger.

Die Bankenlobbyisten Angela Merkel tut gern das, was ihr einstiger Ministerkollege aus Kohls Kabinett Matthias Wissmann von ihr möchte.
Als mächtigster Auto-Lobbyist Europas gibt er Anweisungen und Berlin folgt.
Verblüffenderweise weiß Wissmann anscheinend nicht was gut für seine Industrie ist. Er kann nicht weiter als bis zur Nasenspitze denken und ist besessen von kurzfristigen Profiten.
Dabei können politische Vorgaben der zunächst widerwilligen Industrie eine große Hilfe sein.
Ich erinnere mich noch gut an das Geschrei, als bleifreies Benzin eingeführt wurde, weil politisch eine Katalysatorpflicht durchgesetzt wurde.
Da war was los. Von verzerrenden Wettbewerbsnachteilen und technischen Unmöglichkeiten war die Rede. Außerdem wären Autos mit Katalysator langsam und lahm.
In Wahrheit wollten die raffgierigen deutschen Autokonzerne einfach nicht investieren, weil sie um ihre aktuellen Profite fürchteten.
In Wahrheit war dieser politische Zwang aber ein Segen für die BMW, VW und Co.
Sie behielten dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Anderenfalls hätten sie kaum noch exportieren können, weil zum Beispiel die USA schon lange Katalysatoren verlangte.

Bei willfährigen Regierungen wie der jetzigen bleiben politische Vorgaben für Wirtschaft und Industrie aus.
Ideal ist das nicht, denn ohne politischen Zwang haben deutsche Konzerne beispielsweise die Entwicklung eines Rußpartikelfilters oder eines Hybridantriebes lange Zeit verschlafen.
Das betrifft vor Allem aber die fehlenden gesetzlichen Regelungen für weniger Benzinverbrauch („Dreiliterauto“) und Abgasreduzierung.
Nun stehen die deutschen Hersteller mit dem größten CO2-Flottenausstoß da.
Merkel bewahrt die Hersteller vor unmittelbaren Folgen auf den Märkten.
Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auf längere Sicht Autos deutlich weniger verbrauchen MÜSSEN; weil die Ressource Erdöl nun mal endlich ist.
Dann werden Toyota und FIAT große Vorteile haben. (….)

Inzwischen ist Merkels Staatsminister von Klaeden auch offiziell und hauptberuflich Auto-Lobbyist geworden. Auch Rösler ist wie alle anderen (lebenden) FDP-Exminister Wirtschaftslobbyist.

Stattdessen sitzt nun Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Wirtschaftsminister an Merkels Tisch.
Auch der SPD-Chef verfährt gern nach dem Grundsatz auf den größten Haufen zu scheißen.
Die versagende deutsche Autoindustrie möchte er gern mit zusätzlichen Steuermillionen pampern.
Man weiß ja, die Konzerne sind so arm und bedürftig.

Der Autobauer BMW zahlt seinen Anteilseignern nach den Rekordergebnissen 2014 erneut eine Rekorddividende und schlägt den Aktionären vor, je Stammaktie 2,90 Euro und je Vorzugsaktie 2,92 Euro auszuschütten. [….]
Allein die drei Großaktionäre Johanna Quandt, Stefan Quandt und Susanne Klatten halten zusammen 46,7 Prozent der Stammaktien und werden damit gemeinsam gut 815 Millionen Euro kassieren.

Da den Quandts die 815 Mios einfach so in den Schoß fielen und sie nicht umständlich dafür arbeiten mußten, brauchen sie auch nur 25% Steuern, statt 46% wie normale Menschen, zu bezahlen.
Für 2015 wird die Dividende noch einmal deutlich auf mindestens 3,20 Euro erhöht.
Susanne Klatten und ihr Bruder Stefan Quandt, die inzwischen die Anteile ihrer Mutter dazu geerbt haben, werden dann über eine Milliarde Euro für’s Däumchendrehen einstreichen.

Einer so darbenden Familie muß geholfen werden, denkt sich Sigmar Gabriel und legt aus dem Steuersäckel noch mal € 4.000,00 für jedes verkaufte Elektroauto drauf. Und Gabriel wundert sich wieso seine SPD auf unter 20% sackt.

Angela Merkel, die ohnehin noch in ihrer an Obama und Erdogan demonstrierten tiefgebückten Haltung auf dem Boden rutscht, steuert zielsicher den Mastdarm der Auto-Lobbyisten an.

[….] Beim Gipfel im Kanzleramt will Angela Merkel den Chefs der Autokonzerne ihre Unterstützung anbieten.
[….] Für Merkel wäre das Treffen die große Chance, den Managern endlich das Offensichtliche ins Gesicht zu sagen: Ihr habt versagt, ihr habt betrogen und geschummelt. Und vor allem habt ihr euch von der Konkurrenz abhängen lassen.
Denn das Auto der Zukunft entsteht womöglich nicht in Deutschland. In den Vereinigten Staaten ist ein Hype um die Elektroautos von Tesla entstanden. Apple und Google konzipieren eigene Fahrzeuge. In Japan baut Toyota die saubere Hybridtechnik aus und darf sich zusammen mit Hyundai aus Korea als Vorreiter bei Wasserstoffautos bezeichnen.
[….] Merkel könnte also fragen: Was habt ihr, die Chefs von Volkswagen, BMW und Daimler, in den vergangenen Jahren eigentlich gemacht? [….] Denn die Kanzlerin persönlich trägt einen erheblichen Teil der Verantwortung für das deutsche Autodesaster.
In all den Jahren ihrer Regentschaft hat sie den Managern nach dem Mund geredet, anstatt die Konzernpolitik wirksam zu hinterfragen. So unterstützte Merkel bestenfalls den Status quo und die Bonuszahlungen der Konzernlenker, anstatt von der Branche hartnäckig zukunftsfähige Fahrzeuge einzufordern und den Autostandort Deutschland auf diese Weise langfristig zu stärken.
Deshalb ist Merkel nicht die Auto-Kanzlerin. Sie ist die Anti-Auto-Kanzlerin. Sie trägt eine erhebliche Mitschuld an der aktuellen Krise.
Ob Abwrackprämie, CO2-Ausstoß oder Abgasregeln- stets brachte die Mauschelei Ergebnisse, die der Industrie gefielen. [….] Ein weiteres Indiz für das politisch geduldete Versagen der Autoindustrie war vor gut drei Wochen rund um den Globus zu beobachten: Da standen Tausende Schlange für ein noch nicht gebautes Auto des kalifornischen Start-up-Unternehmens Tesla. Inzwischen sind 400.000 Reservierungen für das Model 3 eingegangen.
Der Wagen ist das ansprechend designte Versprechen auf eine saubere Zukunft - verkörpert also auch eine gesellschaftliche Vision. Dass kurzfristig denkende Manager für so etwas blind sein können, haben sie selbst immer wieder demonstriert. Doch als Kanzlerin hätte Angela Merkel alle Freiheiten gehabt, diese Vision mit Härte einzufordern. [….][….]

Wieder einmal eine ökonomisch völlig falsche und kontraproduktive Aktion der Angela Merkel.

Eine absurde Lenkungswirkung wird angestrebt, indem ausgerechnet die steinreichen Autokonzern-Eigner mit Steuergeld zugeschissen werden.

Eine absurde Entscheidung auch bezüglich des Umweltschutzes, denn ein Elektroauto ist nicht sehr umweltfreundlich, wenn der Strom aus Braunkohle gewonnen wurde.

Würde sich Gabriel tatsächlich um die Emissionen sorgen, sollte er die Steuermillionen lieber in den ÖPNV investieren und diesen kostenlos zur Verfügung stellen.

Es ist aber auch eine sozialpolitische Idiotie in Zeiten von Altersarmut, Minijobs und prekären Arbeitsverhältnissen ausgerechnet denen 4.000 Euro hinterher zu werfen, die sich neue Autos für 40.000 bis 60.000 Euro leisten können.

Wer hat, dem wird gegeben.

Die Kaufprämie ist nichts weiter als Stückwerk, selbst Sigmar Gabriel nennt sie inzwischen nur noch eine vertretbare Lösung. Nein, es ist keine vertretbare Lösung, wenn die Allgemeinheit dafür bezahlt. Was richtig wäre: Wenn die Fahrer von großen und teuren Spritschluckern dafür zahlen würden. Wir brauchen dringend eine Reform der Kfz-Steuer, eine Ökologisierung der Kfz-Steuer. Wir sind der Meinung, dass die Fahrer dafür bezahlen müssten, die mit Spritschluckern unterwegs sind, und nicht die Allgemeinheit.
Mit dieser singulären Lösung steht zu befürchten, dass die Autoindustrie immer noch nicht begreift, was die Zeichen der Zeit sind.
(Anton Hofreiter, 27.04.16)

Aber so läuft das eben in der GroKo: Wer richtig viel Geld hat, bekommt noch welches dazu.
Wer ganz wenig hat, dem wird noch etwas abgezogen.
[….] Die Autoindustrie macht in diesen Tagen vor, wie Schwindel und Tricksereien im großen Stil ungestraft funktionieren. Gesetzliche Abgasgrenzwerte, erlassen zum Schutz von Menschen und Umwelt, hielten die Autos von fast zwei Dutzend großen Herstellern im Straßenverkehr nicht ein. Und so rollen Hunderttausende Autos derzeit mit ungesund hohen Abgaswerten über deutsche Straßen.
Davon, dass ihre eigenen Autos Grenzwerte um bis zu 1000 Prozent überschreiten, ahnten die Kunden bis Freitag nichts. Seit die Bundesregierung Ende der Woche die Messergebnisse ihrer Abgaskontrollen veröffentlich hat, schlittert das Land in einen der größten Umwelt-, Verbraucher- und Industrieskandale seit vielen Jahren. Die großen Töne der Industrie entpuppen sich als lautstarke Irreführung. [….] Angesichts hoher Abgaswerte in deutschen Städten und Gesundheitsrisiken durch Stickoxide müsste die Bundesregierung eigentlich durchgreifen. Doch sie tut es nicht. Sie müsste den Managern eindringliche Fragen stellen. Doch es fragt niemand. Die Bundesregierung bleibt erstaunlich zahm. Man freue sich über den freiwilligen Rückruf von 630 000 Autos, sagte etwa Verkehrsminister Alexander Dobrindt am Freitag. Die Botschaft: Die Branche bringt das schon wieder in Ordnung. Strafen? Klärung vor Gerichten, ob die Tricks illegal waren? Entschädigung? Fehlanzeige.  [….] Erfolgreich mahnten Spitzenmanager wie BMW-Chef Harald Krüger nun ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Abgasaffäre auch noch neue Finanzhilfen für die Industrie an. Nun ist die Bundesregierung den Bitten gefolgt und hat ein Milliardenpaket auf den Weg gebracht, das den Umstieg der Deutschen auf Elektroautos fördert. Steuerzahler sollen eine Branche päppeln, die den Staat und seine Bürger für dumm verkauft hat.


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