Mittwoch, 6. September 2017

Das Arschloch.

Vor Jahren las ich mal einen Artikel über den unglaublichen Erfolg der FOX-Serie „GLEE“; eine der schwulsten TV-Serien aller Zeiten, in der LGBTI-Teenager sich singend und tanzend gegen die heteronormative Highschoolwelt im US-Bundesstaat Ohio behaupten.
Wieso produziert eigentlich der stramm konservative anti-gay-marriage-Sender FOX den feuchten Traum des linksliberalen Amerikas, fragte ich meinen Kumpel in Ohio.
„It’s all about business“ lautete die trockene Antwort.
Für Geld machen die alles.
Der Weltbildverlag gehört der katholischen Kirche und vertreibt Pornos, der Vatikan investierte in Firmen, die Kondome und Antibabypillen herstellen.
Wenn es ums Geschäft geht und man was verdienen kann, werden die eigenen rechtslastigen Überzeugungen gern vergessen.

Bei vielen US-Republikanern und Trump scheint es anders zu sein.
Sie setzten aus ideologischer Verblendung, aus machttaktischen Überlegungen oder auch aus purer Blödheit auf eine Politik, die der US-Wirtschaft schweren Schaden zufügt.
Wenn Ölfirmen wie EXXON oder die amerikanischen Energieversorger sich vehement gegen den Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen stark machen, liegt das nicht daran, daß sie über Nacht ökologisch denkenden Hippies geworden sind, sondern an ihrem Geschäftssinn.
Es ist inzwischen billiger Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen und die durch die CO2-generierende Industrie verursachten Klimaschäden sind teuer für alle.
Erdöl und Erdgas sind endlich Ressourcen; das hat die US-Autoindustrie längst begriffen und will sich daher zukunftstauglich positionieren.
Die großen Unternehmen im Bundesstaat Washington wollen weiterhin gute Geschäfte machen und drängen daher ihren Gouverneur sich gegen Trump zu stellen.
Ähnlich verhält es sich mit der gay-friendly Politik vieler großer Konzerne in den letzten Jahren.
Das sind nicht plötzlich Vorkämpfer für liberale Bürgerrechte geworden, aber sie haben erkannt, daß Schwule gebildeter sind besser verdienen, oft als DINKs (double income no kids) leben und daher besonders „gute“ Konsumenten sind.
Es ist also wirtschaftlich vorteilhaft sich um LGBTI-Mitarbeiter und Kunden zu bemühen.

Genau in diesem Sinne sorgen sich auch die Chefs von Apple und Microsoft um die sogenannten „Dreamer“, die US-Einwanderer-Kinder.
Sie brauchen sie als überdurchschnittlich motivierte Mitarbeiter.

[….] US-Konzerne gehen im "Dreamer"-Streit auf Konfrontationskurs zum Weißen Haus. Microsoft verspricht allen betroffenen Mitarbeitern juristischen Beistand, um Abschiebungen zu verhindern.
[….] Der Softwarehersteller Microsoft stellt sich öffentlich gegen die US-Regierung. Firmen-Präsident Brad Smith kündigte an, den 39 betroffenen Mitarbeitern seines Unternehmens juristisch zur Seite zu stehen.
"Wenn die Regierung versucht, einen von ihnen abzuschieben, werden wir ihnen einen Rechtsbeistand zur Verfügung stellen und dafür bezahlen." Microsoft sei "tief enttäuscht" über die Entscheidung der Regierung, sagte Smith. "Die Dreamers sind ein Teil unserer Nation. Sie gehören hierher."
[….] Apple-Chef Tim Cook kündigte in einer E-Mail an seine Belegschaft an, Gespräche mit Kongressabgeordneten aufzunehmen, um eine Lösung für die Betroffenen zu finden. "Wir appellieren dringend an unsere Führer in Washington, die Dreamers zu schützen, sodass ihre Zukunft nie wieder in dieser Art und Weise aufs Spiel gesetzt werden kann", schrieb Cook. [….]

[….] In the lead-up to today’s announcement, several business and tech leaders had shown their disapproval towards the steps the administration was taking to rescind DACA. On August 31st, several business leaders including Amazon CEO Jeff Bezos, Apple CEO Tim Cook and LinkedIn CEO Jeff Weiner signed an open letter asking President Trump and Congressional leaders to preserve the program.
FWD.us, a bipartisan organization founded by leaders of the technology community in 2013, is an active proponent of comprehensive immigration reform. Founders of the organization include philanthropist Bill Gates, Dropbox CEO Drew Houston and venture capitalist Sean Parker, among others.  Following Sessions’ announcement, FWD.us issued a statement expressing its opposition to President Trump’s decision and called on Congress to pass bipartisan legislation to help the Dreamers.
“We are incredibly disappointed by President Trump’s decision to end DACA, “FWD.us president Todd Schulte said in the statement. “In six months, this will force 800,000 Dreamers out of their jobs and put them under threat of immediate deportation, unless Congress acts. [….] Facebook CEO Mark Zuckerberg decried the act today via a Facebook post and urged Congress to act in favor of Dreamers. “The decision to end DACA is not just wrong. It is particularly cruel to offer young people the American Dream, encourage them to come out of the shadows and trust our government, and then punish them for it.” [….]

Es ist aus rein ökonomischer Sicht kontraproduktiv für die Vereinigten Staaten was Trump und Sessions gestern abzogen.

Stichwort „DACA“ (Deferred Action For Childhood Arrival Program).
Es geht um etwa elf Millionen Menschen in den USA, die keinen legalen Aufenthaltsstatus haben.
1,7 Millionen von ihnen sind Kinder und selbst Republikaner fragen sich gelegentlich, ob eine Abschiebung von Kindern fair ist, die nichts anderes als Amerika kennen, in ein Land, dessen Sprache sie manchmal gar nicht beherrschen. Sie sind ja unschuldig illegal, weil sie von ihren Eltern mitgeschleppt wurden. Bestraft man diese Kinder, haften sie gewissermaßen für ihre Eltern. Eine Form von Sippenhaft.
Der US-Kongress schlug sich lange mit dieser moralischen Frage herum, konnte aber wegen der rabiaten menschenfeindlichen Teebeutler kein Gesetz zustande bringen, so daß Barack Obama im Jahr 2012 DACA als Exekutivorder erließ.
Durch DACA sind rund 800.000 junge Immigranten vor Abschiebung geschützt, können legal studieren, arbeiten, Steuern zahlen und auch in der US Army dienen, sich in Afghanistan erschießen lassen.

Trump, Enkel eines Immigranten und Ehemann zweier möglicherweise nicht ganz so legal eingereister osteuropäischer Migrantinnen, stieß nun einer Million Migrantenkindern ein Messer in den Rücken, indem er DACA aufhob.
Dabei legte er die inzwischen schon bekannte Trump-Feigheit an den Tag, indem er nicht selbst vor die Kamera trat, so wie er auch das WH-correspondent-dinner absagte, die Klimasitzung beim Hamburger G20 schwänzte und zuletzt auch  den Besuch bei den diesjährigen Feiern anlässlich der Kennedy-Center-Auszeichnungen absagte.
Der Mann hat so winzige Testikel, daß er sich nur vor ausgesuchte jubelnde Anhänger traut.
Jeff Sessions, Quasi-Faschist aus Alabama, verkündete das DACA-Aus und Trump tat wieder einmal so, als ob er nichts dafür könne, mit der Regierung nichts zu tun habe. Der Kongress solle doch innerhalb von sechs Monaten eine andere Lösung finden.


Ein anderer US-Präsident ist nicht so verweichlicht und äußert sich deutlich.

[…..] Immigration can be a controversial topic. We all want safe, secure borders and a dynamic economy, and people of goodwill can have legitimate disagreements about how to fix our immigration system so that everybody plays by the rules.
But that’s not what the action that the White House took today is about. This is about young people who grew up in America – kids who study in our schools, young adults who are starting careers, patriots who pledge allegiance to our flag. These Dreamers are Americans in their hearts, in their minds, in every single way but one: on paper. They were brought to this country by their parents, sometimes even as infants. They may not know a country besides ours. They may not even know a language besides English. They often have no idea they’re undocumented until they apply for a job, or college, or a driver’s license.
Over the years, politicians of both parties have worked together to write legislation that would have told these young people – our young people – that if your parents brought you here as a child, if you’ve been here a certain number of years, and if you’re willing to go to college or serve in our military, then you’ll get a chance to stay and earn your citizenship. And for years while I was President, I asked Congress to send me such a bill.
That bill never came. And because it made no sense to expel talented, driven, patriotic young people from the only country they know solely because of the actions of their parents, my administration acted to lift the shadow of deportation from these young people, so that they could continue to contribute to our communities and our country. We did so based on the well-established legal principle of prosecutorial discretion, deployed by Democratic and Republican presidents alike, because our immigration enforcement agencies have limited resources, and it makes sense to focus those resources on those who come illegally to this country to do us harm. Deportations of criminals went up. Some 800,000 young people stepped forward, met rigorous requirements, and went through background checks. And America grew stronger as a result.
But today, that shadow has been cast over some of our best and brightest young people once again. To target these young people is wrong – because they have done nothing wrong. It is self-defeating – because they want to start new businesses, staff our labs, serve in our military, and otherwise contribute to the country we love. And it is cruel. What if our kid’s science teacher, or our friendly neighbor turns out to be a Dreamer? Where are we supposed to send her? To a country she doesn’t know or remember, with a language she may not even speak?
Let’s be clear: the action taken today isn’t required legally. It’s a political decision, and a moral question. Whatever concerns or complaints Americans may have about immigration in general, we shouldn’t threaten the future of this group of young people who are here through no fault of their own, who pose no threat, who are not taking away anything from the rest of us. They are that pitcher on our kid’s softball team, that first responder who helps out his community after a disaster, that cadet in ROTC who wants nothing more than to wear the uniform of the country that gave him a chance. Kicking them out won’t lower the unemployment rate, or lighten anyone’s taxes, or raise anybody’s wages.
It is precisely because this action is contrary to our spirit, and to common sense, that business leaders, faith leaders, economists, and Americans of all political stripes called on the administration not to do what it did today. And now that the White House has shifted its responsibility for these young people to Congress, it’s up to Members of Congress to protect these young people and our future. I’m heartened by those who’ve suggested that they should. And I join my voice with the majority of Americans who hope they step up and do it with a sense of moral urgency that matches the urgency these young people feel.
Ultimately, this is about basic decency. This is about whether we are a people who kick hopeful young strivers out of America, or whether we treat them the way we’d want our own kids to be treated. It’s about who we are as a people – and who we want to be.
What makes us American is not a question of what we look like, or where our names come from, or the way we pray. What makes us American is our fidelity to a set of ideals – that all of us are created equal; that all of us deserve the chance to make of our lives what we will; that all of us share an obligation to stand up, speak out, and secure our most cherished values for the next generation. That’s how America has traveled this far. That’s how, if we keep at it, we will ultimately reach that more perfect union.
(Barack Obama, Facebook, 05.09.2017, 55.152.271 Personen gefällt das, 53.184.303 Personen haben das abonniert)

Schockierend.
Wenn man nach einiger Zeit mal wieder Obama hört und liest, ist es richtig auffällig, daß er sich grammatikalisch korrekt, stilistisch perfekt und inhaltlich stringent ausdrückt.
Im Vergleich wirkt dann Trumps debile Kindersprache mit den wirren Inhalten und dem infantilen Vokabular noch viel peinlicher.

Obama schlägt insbesondere aber die Brücke zu einer moralischen Sicht auf Politik. Etwas, das Trump völlig fremd ist. #45 ist ausschließlich von Ressentiments und Eigennutz geleitet.

Ökonomisch argumentieren auch Liberalkonservative wie Laschet oder Lindner, die ein modernes Einwanderungsrecht nach Punkten propagieren.
Anders als AfDCSUNPD wollen sie durchaus Ausländer reinlassen, aber bitte nur die, die uns auch ökonomisch nutzen, indem sie entweder so hochqualifiziert sind, daß sie viel Steuern zahlen, oder aber bereitwillig die Arbeit tun, für die sich Deutsche zu schade sind: Straßenreinigung, Haushaltshilfen, Altenpfleger, Spargelstecher, Küchenhilfe.

Für mich ist das Ausländerfeindlichkeit zweiten Grades. Man ist ja nicht grundsätzlich gegen Ausländer wie Gauland oder Höcke. Aber die hierher kommen, sollen bitteschön eine dienende Funktion erfüllen und keinesfalls so wie Deutsche auch krank oder ungebildet sein dürfen.
Ginge es nach mir, spielten beim Thema Einwanderung pekuniäre Argumente eine viel kleinere und dafür humane Erwägungen eine größere Rolle.


Trump, Sessions und Co sind aber nicht nur Ausländerhasser ersten Grades, sondern auch eindeutig Rassisten, die in einer Kette von Entscheidungen immer deutlicher machen, daß aus ihrer Sicht alle Menschen, die keine weißen, konservativen Christen sind, unerwünscht sind.

Mexikaner als Vergewaltiger bezeichnen, Richter Gonzalo Curiel beschimpfen, because „he’s mexican“, nicht von David Duke distanzieren, Gold-Star-family Khan beleidigen, Charlottesville Nazis loben, Joe Arpaio Begnadigung und nun DACA-Stopp.

Trumps Administration zeigt klar, daß dunkelhäutige Amerikaner und Einwanderer für ihn nicht in die USA gehören.
Make America White Again.


BTW, Trump wurde mit seiner bösartigen Entscheidungen einen weiteren Berater los.
Aber wer zählt da noch mit?

[….] Javier Palomarez, the head of the Hispanic Chamber of Commerce, announced he was resigning from President Donald Trump's diversity coalition over the administration's decision to end the Deferred Action for Childhood Arrivals program.
Palomarez announced his decision on Tuesday morning, expressing his strong disagreement with the Trump administration on immigration.
"I tried to work as hard as I could with this administration on this issue, and I continue to want to work with them on other issues, like tax reform, like health care reform, and so many other important things," Palomarez told HLN's Carol Costello. "But I really don't see the logic in doing what we're doing right now." [….]

Aber Trump ist eben in jeder Hinsicht ein Arschloch. Er ist unfähig seine Versprechen umzusetzen, begreift wirtschaftliche Zusammenhänge nicht, hört nicht auf Menschen, die es besser wissen und er ist zutiefst bösartig und brutal.

Gegen den Willen von ¾ der Amerikaner verurteilt er 800.000 junge Menschen dazu ihre Existenz und ihr zu Hause zu verlieren. Einfach weil er es kann.

Trump ist schlicht und ergreifend ein Arschloch.

Das wird schon allein dadurch bewiesen, daß christliche Führer von ihm so begeistert sind und für und mit ihm beten.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen