Dienstag, 29. Dezember 2015

Wen der Urnenpöbel liebt - Teil II

Aber das ist spätestens seit der enthusiastischen 90%-Zustimmung zu Karl-Theodor Baron von und zu Guttenberg wenig überraschend.

Der gegenwärtig wieder beliebteste Politiker überhaupt heißt Wolfgang Schäuble.

Der Mann also, der Jahrzehnte als rechte Hand Kohls agierte, den am 2. Juli 1990 abgeschlossenen Einigungsvertrag zur Auflösung der DDR verhandelte.
Der Vertrag, der durch die unsägliche Treuhand die ostdeutsche Wirtschaft zu 99% in den Besitz Westdeutscher brachte und auf sonderbare Weise dafür sorgte, daß der Stasi-Oberst und sagenumwobene DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski (1932-2015) im Gegensatz zu so vielen kleinen Lichtern nicht einen Tag ins Gefängnis mußte und stattdessen in Saus und Braus in einer Villa am Tegernsee seinen Lebensabend verbringen durfte.

Schäuble ist auch derjenige, der in sagenhafter Dreistigkeit die Öffentlichkeit und auch direkt vom Rednerpult aus das Parlament belog.

[1999] erklärte Wolfgang Schäuble vor dem Bundestag, er habe nie Geld von dem Waffenlobbyisten Karl-Heinz Schreiber bekommen. Nach langer und intensiver Arbeit im Untersuchungsausschuss kommt dann aber ans Licht, dass er vor dem Parlament gelogen hat und sehr wohl Geld angenommen hat.
Wolfgang Schäuble musste nach dieser Geschichte zurücktreten. Heute ist er wieder da - als Finanzminister aller Deutschen. Kann man so einem Mann eigentlich noch Geld anvertrauen?
[1999] gab Christian Ströbele den entscheidenden Anlaß, dass Wolfgang Schäuble als Bundesinnenminister zurücktreten mußte, weil er auf Christians Vorhalt hin öffentlich geleugnet hatte, von dem zwielichtigen Karl-Heinz Schreiber für die CDU eine Barspende im Koffer angenommen zu haben. Und diese Lüge holte ihn bei seiner Kür zum Finanzminister nun nochmals ein.
(Christian Ströbele online)       


Schäuble sitzt seit 43 Jahren ununterbrochen im Bundestag.
Er ist bei seinen Mitarbeitern extrem unbeliebt, weil er menschlich unanständig ist und gerne andere schlecht aussehen lässt, um selbst in besserem Licht zu erscheinen.
Unvergessen wie Schäuble im Jahr 2010 mit offen zur Schau getragenem Sadismus seinen Sprecher Michael Offer so sehr demütigte, daß dieser anschließend zurücktreten mußte.

Schäubles Verhalten hatte für Empörung bei Politikerkollegen gesorgt. Die Opposition warf dem Minister einen schlechten Stil vor. "So, wie sich Minister Schäuble aufgeführt hat, geht man mit Schutzbefohlenen nicht um", sagte Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. "Es offenbart einen schlechten Stil, Mitarbeiter derart bloßzustellen." Der Finanzminister zeige damit, "wie frustriert er ist - und dies trotz guter Zahlen".
Auch Koalitionspolitiker echauffierten sich über das Verhalten Schäubles. Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hatte über das öffentliche Auftreten Schäubles gesagt: "Der Mann steht unter Drogen."

Immer wieder wird er bei Lügen ertappt, aber als Polit-Oldie beruft er sich im Zweifelsfall auf Gedächtnislücken.

So ist der Deutschen liebster Politiker – bis heute zeigt er keinerlei Scham dabei die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.


Das einzige, das Schäuble nicht tut, ist sein eigentlicher Job.
Die Aufgaben eines deutschen Finanzministers in einer GroKo mit gewaltigen Mehrheiten im Rücken, läßt er demonstrativ liegen.

Auch hier sprudeln die Steuereinnahmen und der Schuldendeinst wird aufgrund der Nano-Zinsen unverdienterweise in den nächsten Jahren um 100 Milliarden Euro billiger als eingeplant.
Deutschlands Finanzschwierigkeiten liegen eher im System.
Die Milliarden kommen dort an, wo sie nicht verloren haben, fehlen bei den Bedürftigen und versickern in einem gewaltigen Steuergesetzgebungschaos.
Es gäbe keine bessere Gelegenheit diese Absurditäten endlich mal anzupacken.
Herr Schäuble hätte es dabei unendlich viel leichter als Kollege Varoufakis.
Seine Kassen sind voll und er hat eine überwältigende 80%-Parlamentsmehrheit im Rücken.

Dennoch tut Schäuble nichts, weil er offensichtlich zu faul oder zu feige ist.
Merkel und Schäuble machen sich beide vor den Lobbyisten in die Hose.

Da werden auch zu groteske Schwachsinnigkeiten nicht angefasst.


Schäuble ist ein fauler Arbeitsverweigerer, der einfachste Reformen zu Hause schon seit vielen Jahren aussitzt, während er aber umso rabiater von anderen – also zum Beispiel den Griechen – fordert endlich ihre Hausaufgaben zu machen.
Schon vor fünf Jahren (sic!) hatte ich eben diesen Sachverhalt kritisiert. Damals saß die Merkel-Westerwelle-Regierung auf einer großen Mehrheit, die sie lediglich dazu nutzte, das Mehrwertsteuerchaos noch zu vergrößern.

Die nächsten fünf Jahre hat Schäuble aber kontinuierlich weiter durchgeschlafen.

Dringend notwendige Reformen verschiebt der Minister oder sagt sie ganz ab.
Die Berechnung der Mehrwertsteuer, dieser Irrsinn im Quadrat, bleibt bestehen.

Offenbar fürchtet Schäuble, der zurzeit im Krankenhaus liegt, massive Widerstände gegen die Steuerpläne.
Der Regierung liegt ein Gutachten vor, wonach der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent allein für Lebensmittel gerechtfertigt sei. Die Vergünstigung beispielsweise für Schnittblumen, zahntechnische Leistungen oder Zeitungen seien dagegen steuerlich nicht zu begründen. Die Gutachter empfehlen, für diese Güter den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu berechnen. Der Finanzminister will dieser Empfehlung nicht folgen. In der Koalition wird Schäubles Weigerung mit Verwunderung aufgenommen, da sich der Finanzminister die Gelegenheit entgehen lasse, die Staatskasse zu füllen.
Die Regierung vertagte eine Entscheidung in dieser Frage immer wieder. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass eine Kommission den Katalog der ermäßigten Steuersätze überprüfen soll.
(Stuttgarter Zeitung 05.10.10)

Nun bleibt es bei dem Schilda-artigem Dickicht.
7% für Hotelübernachtungen, Windeln 19%, Rennpferde 7%, Apfelsaft 19 Prozent, aber Äpfel 7%. Aufgebrühter Kaffee 19 Prozent. Auf Kaffeebohnen, Haustauben, Bienen und Chicoree, Speisesalz (aber nicht in wäßriger Lösung!) gibt es 7 %.
Die schwarz-gelbe Steuersenkungskoalition hat in ihrem ersten Gesetz das Chaos noch vergrößert - wider alle Vernunft.
Inzwischen blickt keiner mehr durch und die Merkelregierung mit ihrer dicken Bundestagsmehrheit legt tatenlos die Hände in den Schoß.
Schäuble fällt aus und sagt Vereinfachungen ab.

So bleiben die ermäßigten Mehrwertsteuersätze ein Fall für Comedians.

So ist Esel nicht gleich Esel: Denn nicht nur für Hengste, Wallache, Stuten und Fohlen gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent, sondern auch für Kreuzungen zwischen Eselhengst und Pferdestute (Maultier) sowie Pferdehengst und Eselstute (Maulesel). Der ermäßigte Satz ist auch für reinrassige Esel fällig, aber nur für geschlachtete. Schließlich wird ja auch "Fleisch von Pferden, Eseln, Maultieren oder Mauleseln, frisch, gekühlt oder gefroren" begünstigt. Für lebende "Hausesel und alle anderen Esel" gilt der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Reichlich Stoff für Büttenredner bietet auch diese Klarstellung: Genießbare getrocknete Schweineohren unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent, auch wenn sie als Tierfutter verwendet werden. Getrocknete Schweineohren, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind, werden mit dem vollen Satz belegt. Zum Kuriositäten-Katalog gehört ferner: Ermäßigte Mehrwertsteuer für Hausschweine, normaler Satz für Wildschweine - und Flusspferde; ermäßigter Satz für Kartoffeln aller Art, aber Regelsatz für Süßkartoffeln; ermäßigter Satz für Tomatenmark und Tomatensaft, normaler Satz jedoch für Tomatenketchup und Tomatensoße. Oder: Pilze und Trüffel, ohne Essig haltbar gemacht: ermäßigt; Pilze und Trüffel, mit Essig haltbar gemacht: normaler Steuersatz. Und so weiter.
(Evang. 2.12.09)

Diese Koalition ist ein einziger Witz - ob ein Minister mehr oder weniger arbeitsfähig ist, spielt keine Rolle mehr.
[…..]

Im Jahr 2015 schwimmt Schäuble unverdienterweise wieder einmal im Geld.
Da wird der Kassenwart großzügig und verteilt Geschenke.

Das ist prinzipiell zu begrüßen!
In diesem Land gibt es jede Menge Menschen, bzw Projekte, die dringend einer finanziellen Förderung durch den Bund bedürften.
Man denke an die katastrophal unterbezahlten Menschen in der Pflegebranche.
Verrottenden Kitas und Grundschulen sollten dringend gepimpt werden. Es fehlen Mittel für den Kampf gegen Rechtsradikalismus.
Die Liste ist lang.

Bezeichnend ist aber wem Schäuble wirklich etwas zukommen läßt.
Bei ihm geht es strikt nach dem Motto: Der Schäuble scheißt auf den größten Haufen.
Wer schon reich und mächtig ist, bekommt noch mehr.

Den milliardenschweren Wirtschaftslobbyisten gibt Schäuble gern.

    Wirtschaftslobbyisten sind in Deutschland sehr erfolgreich, wenn es darum geht, das Schließen von Steuerschlupflöchern durch die Politik zu vermeiden.  Das Bundesfinanzministerium genehmigt jedes Jahr neue Ausnahmen.[…..]
Ausnahme 1: Kfz-Steuer[…..]
Ausnahme 2: Einkommensteuer
Nicht erst seit der Griechenlandkrise stehen griechische Reeder in der Kritik, gesetzlich protegiert kaum Steuern zu zahlen. Weniger bekannt ist, dass auch die deutsche maritime Wirtschaft kaum Steuern zahlt. In diesem Jahr beschloss der Bundesrat, dass Reeder praktisch die gesamte von den Seeleuten gezahlte Lohnsteuer behalten dürfen. Arbeitgeber von Seeleuten auf deutsch geflaggten Schiffen dürfen bisher schon 40 Prozent der entstandenen Lohnsteuer behalten, wenn die Besatzung mehr als 183 Tage zusammenhängend angeheuert ist. Bis 2020 dürfen sie nun die gesamte Lohnsteuer einbehalten.
Das Steuergeschenk an die deutschen Reeder begründet die Bundesregierung damit, Jobs für europäische Seeleute und deren Know-how zu erhalten. Tatsache ist allerdings, dass die Vergünstigungen schon bisher nicht verhindert haben, dass deutsche Schiffseigentümer lieber unter anderer Flagge fahren. Entgegen früheren Versprechungen fahren heute nur noch rund 200 der 4000 Schiffe unter deutscher Flagge.
Ausnahme 3: Gewerbesteuer
Der Deutsche Reiseverband fordert steuerliche Vergünstigungen für seine Groß-Klientel. […..]
Ausnahme 4: Gewinnbesteuerung
Die Wirtschaftslobby kritisiert die aus ihrer Sicht unzureichende Förderung von Wagniskapitalgebern. […..]
Ausnahme 5: Entstrickungsbesteuerung […..]
Ausnahme 6: Pensionsrückstellungen […..]
Ausnahme 7: Sonderabschreibungen […..]
Ausnahme 8: Forschungsbesteuerung […..]
Ausnahme 9: Kassenmanipulation […..]

Während Schäuble also öffentlich und international die Notwendigkeit, Steuerschlupflöcher zu schließen propagiert, betreibt er zu Hause reine Klientelpolitik.
Er verkompliziert das Steuerrecht kontinuierlich durch immer mehr Sonderregelungen und Ausnahmen zu Gunsten der Unternehmer.

Und so macht er einen richtigen Satz nach oben in der Beliebtheitsliste der Politiker.


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