Samstag, 8. März 2014

Leute mit Idealen


Heute habe ich mit einem Cousin in Ohio und einer Tante in New York telephoniert.
Politisch sind sie genauso vom „Ukraine-Konflikt“ gefangen wie wir Europäer. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, da Amis oft eine völlig andere Wahrnehmung haben und Prioritäten nicht so wie Deutsche setzen.
Ehrlich gesagt war ich ein bißchen erstaunt, daß man in den USA so mit den Ukrainern mitfiebert. Üblicherweise kennen Amis außer Polen gar keine osteuropäischen Länder.
Schließlich wurde mir aber klar, daß sie im Antagonismus zu Russland denken.
Oh, may the Ukraine be taken over by the Russians?
Selbst nette und einigermaßen informierte Amerikaner hassen Putin wie die Pest.
Der Mann triggert alle Abwehrreflexe, so daß sie sich automatisch an die Seite der Ukrainer stellen.
Daß die Ukraine 300 Jahre zu Russland gehörte, daß es zunächst einmal die Russen IN der Ukraine waren, die sich fürchten mußten, weil mit Hilfe der EU faschistische Oligarchen statt des gewählten Präsidenten Janukowitsch installiert wurde, wissen Amis natürlich nicht.
(Viktor Fëdorovič Ânukovič, in Deutschland oft Viktor Janukowitsch)
Je weniger die Menschen über die Hintergründe des Krim-Problems wissen, desto entschiedener schlagen sie sich auf eine Seite.
Die Angst vor den bösen Russen sitzt bei vielen immer noch tief.
Aber warum hassen sie eigentlich insbesondere Putin so sehr?
Medwedew und Jelzin galten doch noch als lustige Knaben, die man gerne in der Weltwirtschaft dabei haben wollte.
Ich vermute, es hat etwas damit zu tun, daß Putin zweifellos politisch erfolgreich ist und mächtiger als die anderen Führer seit dem Ende der Sowjetunion ist.

Die politische Klasse Washingtons ist sich über Parteigrenzen hinweg ausnahmsweise mal ziemlich einzig, daß Putin der Böse im Spiel ist.
Putin solle sich gefälligst raushalten und die Ukraine in Ruhe lassen.

Natürlich ist es völlig richtig wenn Amis sich in Kiew einmischen.


Der groteske John McCain trat sogar persönlich auf dem inzwischen berühmten Maidan auf und heizte die zum Teil aus faschistischen Hetzern bestehende Menge auf: „Amerika steht an Eurer Seite!“

Entgegen anderslautender Behauptungen dominieren ultrarechte Gruppen den Kiewer Maidan. Ihr Anhang wächst
In der Kiewer Chreschtschatik-Straße, kurz bevor man zum zentralen Maidan kommt, bewachen Vermummte mit Schildern und Knüppeln den Eingang zu einem Gebäude. An der Tür klebt das Symbol des »Rechten Sektors«, der Trisub (dt. etwa Dreizack) auf schwarz-rotem Untergrund. Davor warten, eigentlich zu fast jeder Tageszeit, einige Dutzend Menschen, vor allem junge Männer, auf Einlaß. Sie wollen beitreten, mitkämpfen. […]  
In Gruppen von zehn, vielleicht fünfzehn Mann patrouillieren die Vermummten durch die Innenstadt. Wer mit dem Auto ankommt, muß an ihren Straßensperren halten und sein Fahrzeug durchsuchen lassen. Will man in die öffentlichen Einrichtungen, das Parlament oder den Präsidentensitz, sind sie es, bei denen man sich auszuweisen hat. Jene Linken, die zu Beginn der Proteste versucht hatten, auf dem Maidan ihre politischen Inhalte einzubringen, haben sie mit Gewalt vertrieben. Kiew ist zu einer No-Go-Area für Kommunisten, Antifaschisten und Anhänger der »Partei der Regionen« des abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch geworden.  In den meisten westlichen Medien wurde das lange Zeit konsequent verschwiegen oder verharmlost. […] Skurril muteten die Statements von Prominenten wie Marina Weisband, der ehemaligen politischen Geschäftsführerin der Piratenpartei, an: »Die Neonazis, von denen man so viel hört, sind ein verschwindend kleiner Teil. Ich habe sie auf dem Maidan so gut wie nicht gesehen«, behauptete sie im Interview mit dem Spiegel noch Ende Februar. Wo immer die Experten der Böll-Stiftung und Marina Weisband waren, der Kiewer Maidan kann es nicht gewesen sein. Denn dort ist es schlichtweg unmöglich, die Faschisten »so gut wie nicht zu sehen«. Wolfsangel, abgewandeltes Keltenkreuz und die Kürzel der verschiedenen militanten Organisationen zieren jede Wand in der Kiewer Innenstadt. Direkt neben der Bühne steht ein meterhohes Porträt des Faschistenführers Stepan Bandera, dessen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) während des Zweiten Weltkriegs für die Ermordung Zehntausender Juden und Polen verantwortlich zeichnet. »Die Juden werden wir abschlachten, die Polen erdrosseln, aber die Ukraine müssen wir erkämpfen«, hieß es in einem der Lieder der OUN-Milizen, deren schwarz-rote Fahne heute auf dem Maidan weht.  Er werde »gegen Kommunisten, Juden und Russen kämpfen, solange Blut in meinen Adern fließt«, erklärte 2007 der nationalistische Terrorist Alexander Musitschko, der in den vergangenen Wochen als Kommandant des Rechten Sektors in der Ukraine Bekanntheit erlangte, weil er besonders skrupellos gegen politische Gegner vorgeht.
[…] International noch akzeptierter als die Straßenkämpfer des Rechten Sektors und der anderen neofaschistischen Kleingruppen ist die Partei Swoboda (»Freiheit«) des Antisemiten Oleg Tjagnibok. Sie verfügte im Westen des Landes bereits vor dem Euromaidan über eine größere Schar an Anhängern und gilt westlichen Politikern heute als normaler Teil der ukrainischen Opposition.


 Der prominente Republikaner und ehemalige US-Präsidentschaftskandidat John McCain trat mit ihrem Führer gemeinsam auf, BRD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier schüttelte ihm die Hand, für Witali Klitschko zählte er ohnehin zu den wichtigsten Bündnispartnern im Kampf gegen Wiktor Janukowitsch.
Gleichwohl ist Swoboda nicht einfach eine »rechtspopulistische« Partei, wie die Sprachregelung in deutschen Medien lautet. Es ist eine neofaschistische Organisation, die einen bewaffneten Verband unterhält, die – wenn es etwa um antisemitische Ausfälle geht – den Prawi Sektor eher noch rechts überholt. Zur NPD pflegt die Truppe enge Kontakte, der letzte Besuch bei den »Kameraden« im sächsischen Landtag im Mai 2013 verlief in größter Harmonie. […]

Gemäß der alten Weisheit, im Krieg sei die Wahrheit das erste Opfer, befindet sich offenbar die USA lange im Krieg.
Es sind nicht nur die durchgeknallten Republikaner, wie John McCain (der seinen Beinamen „the insane“ mit der Entscheidung verdiente Sarah Palin als US-Vizepräsidentin zu nominieren), die lügen was das Zeug hält.


Auch der eigentlich recht vernünftige Demokrat John Kerry schießt mehrere faustdicke Lügen ab, wie es beispielsweise Jens Berger auf den Nachdenkseiten am 06.03.2014 eindrucksvoll aufzeigte.

Um Putin zu diffamieren, wird offensichtlich also vom Westen mit gewalttätigen Faschisten paktiert und das Blaue vom Himmel gelogen.



Es liegt mir fern Putin an dieser Stelle eine Liebeserklärung zu machen, aber man sollte erstens akzeptieren, daß er nun einmal russischer Präsident ist und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch wiedergewählt würde, wenn jetzt demokratische Wahlen stattfänden. Es gibt weit Schlimmere.
Zweitens sollte man aufhören Geopolitik durch die ideologische Brille zu betrachten und sich im Namen von angeblich hehren Zielen Dinge anzumaßen, die andere aber nicht dürfen.

Der alte Egon Bahr trifft immer noch den Nagel auf den Kopf.







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